Freibad
Im Sommer ins Freibad gehen, meine neue, alte Leidenschaft, denn sie weckt viele Kindheitserinnerungen und Erinnerungen an die Zeit, als meine Kinder klein waren. Nun schaffe ich neue Erinnerungen, ich bin sozusagen in der 3. Freibadphase.
Eine wirklich alte Dame sitzt in Badekleidung auf ihrem Handtuch auf einer Bank, es sieht nach Stammplatz aus. Sie liest dort ein Buch, schaut dem Treiben zu oder unterhält sich kurz mit anderen, auch ich grüße sie bereits an meinem dritten Tag und sie lächelt mir freundlich strahlend zu und ich beschließe, das möchte ich auch bis ans Ende meiner Tage tun können, ins Freibad gehen.
Im Becken gibt es für die Sportschwimmer*innen extra Bahnen, die Kampfschwimmer*innen nehmen sich ihren Raum auch im Freizeitbereich des Schwimmerbeckens, schwimmen wild entschlossen, ohne auszuweichen oder anzuhalten. Und dann gibt es die vielen Anderen. Es wird gelacht, gelächelt, getratscht, erzählt, beraten, gespielt, getaucht, probiert, belehrt, behütet, beäugt, vor allem gebalzt, gezeigt, geschaut, geträumt und ja auch geschwommen.
Man hört die Geräusche der Sprungbretter, wenn sie mitfedern, unendlich viele Gesprächsfetzen, Rufe und Gelächter und über dem ganzen liegt so ein Freibadgrundton, ein fröhliches Lärmen, als gäbe es kein Morgen oder Gestern und ein Freibadgrundgeruch von Wiese, Chlor und Pommes.
Bis mittags und manchmal auch am frühen Abend kann man das alles haben und genügend Platz zum Schwimmen. Ich schwimme 30 Minuten, Bahnenzählen hat keinen Sinn, erstens verzähle ich mich dauernd und außerdem gibt es viele Gründe vor dem Ende der Bahn zu wenden. Die Ränder des Beckens sind meistens besetzt und die Aussicht auf eine freie Bahn lässt mich oft früher wieder umkehren, ein bisschen Flexibilität und auch Wohlwollen den Menschen gegenüber empfiehlt sich für ein gutes Freibaderlebnis.
Auch schwimmend kann man Feldenkrais machen. Ich probiere kleine Veränderungen und Varianten aus, nutze immer mal wieder nur die Beine oder nur die Arme oder auch mal nur einen Arm. Ich spiele mit dem Atem und der Kopf- oder Fußhaltung, meinen Absichten, der Blickrichtung oder versuche einfach nur wahrnehmend zu sein. Und wenn es zu voll ist, dann mache ich das Freibad ein wenig leerer und gehe wieder heim.
MORAL
Es gibt nichts Gutes
außer: Man tut es.
(Erich Kästner / Sammlung „Kurz und bündig“)